StartMedienethikJenseits von gut und böse?

Jenseits von gut und böse?

In den vergangenen Jahren haben die klassischen Medien in allen Gesellschaftsschichten massiv an Glaubwürdigkeit und Standing verloren. Die Branche ist nicht mehr überschaubar und muss sich durch ein homogenes Bewusstsein, qualitätssichernde Professionalisierung und Informationskompetenz klar von alternativen Medienangeboten abgrenzen.

Das Problem der Medien lässt sich nicht dadurch lösen, dass man es Glaubwürdigkeits- oder Vertrauenskrise nennt und im festen Glauben an die eigene Glaubwürdigkeit ungewohnt einträchtig nach Schuldigen sucht. Zunächst wäre da das Internet. Das Internet hat die Spaltung zwischen Medien und Bevölkerung durch Social Media natürlich exponentiell beschleunigt. Das Internet als ätherisches Wesen für die eigenen Unzulänglichkeiten verantwortlich zu machen, ist dennoch weder nachvollziehbar noch zielführend, da dieses nun wirklich nicht mehr brandneue Medium lediglich ermöglicht, dass jeder Bürger die Qualität der Berichterstattung jederzeit vergleichen kann. Als Kunde ist der Bürger zu Recht verärgert, während die vierte Gewalt immer noch nicht verstanden hat, dass auch sie sich den Gesetzen des Marktes unterzuordnen hat und dass gerade ihr Produkt einer permanenten Qualitätskontrolle ausgesetzt ist. Vor diesem Hintergrund sollten die Entscheider gemeinsame Qualitätsregeln definieren und nicht mit gemeinsamen Vergütungsregeln eine Regulierung des Marktes und somit der Qualität verhindern.

Qualitätskontrolle

Es ist wichtig, dass das Internet zu einer Qualitätskontrolle führt, da sich durch die offensichtliche Spaltung der Gesellschaft natürlich die Frage stellt, ob wir uns weiterhin ausschließlich mit uns selbst beschäftigen, oder tatsächlich Bedingungen schaffen, die es sowohl Verlagen als auch Journalisten ermöglichen, ihre Aufgabe bestmöglich durchführen zu können. Und dafür ist es in erster Linie wichtig, dass wir ganz klar definieren, wer professioneller Journalist ist und wer nicht. SEO etwa sollte kein Teil der Journalistenausbildung sein, da es nicht unsere Aufgabe ist für Google zu schreiben, sondern für den Bürger. Artikel 5 ist ein Bürgerrecht und wer von Pressefreiheit und Demokratie spricht, sollte diese auch da in Gefahr sehen, wo Volontäre lernen für das Ranking eines amerikanischen Großkonzerns zu schreiben und wo anerkannte Verbände „Mitglieder werben Mitglieder“-Aktionen durchführen wie 24-Stunden-Fitness-Studios und Presseausweise an jeden verteilen, der nicht schnell genug auf dem Baum im Hambacher Forst ist und ein Handy halten kann, während er auf Polizisten spuckt.

Fehlerkultur

Die größte Herausforderung der Medien ist also ihr Umgang mit Fehlern. Vor allem mit den eigenen. Um ein deutlich abgrenzbares Berufsbild zu skizzieren, das es nicht nötig hat, seine in der Verfassung verankerte Aufgabe durch volksnahe Transparenz – die man sich erst leisten kann, wenn die bestmögliche Qualität des Produktes jederzeit gewährleistet ist – zu erklären. Die Arroganz sich keine Fehlerkultur leisten zu müssen und die Kritik des Kunden zu ignorieren, offenbart die Unfähigkeit des Unternehmens nach Exzellenz zu streben. In diesem Bild sind die Menschen, die für das Unternehmen arbeiten, Journalisten. Das Unternehmen ist die Branche, die ohne Struktur und Kenntnis der eigenen Wertschöpfungsketten nicht in der Lage sein wird, Prozesse zu optimieren, Potentiale auszuschöpfen und durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit aller Akteure Innovationen zu schaffen.

Verantwortung

Durch Ideen, die wir gemeinsam entwickeln und zielorientiert auf Projektebene durchführen, muss sich eine Branchenkultur entwickeln, in der sich der Journalismus entsprechend seiner Verantwortung für den Bürger neu positionieren kann. Voraussetzung hierfür sind professionelle Journalisten, die ihr Handwerk beherrschen und sich zu jeder Zeit vollumfänglich der Konsequenzen ihres Handelns bewusst sind. 

CvW-R